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Das Internet – und damit auch die Bildschirmnutzung – hat seit dem Aufkommen in den 1990er Jahren immer stärker Einzug in unser Leben gehalten, so sehr, dass es aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Unzählige Lebensbereiche sind davon betroffen, und aufgrund der weiteren Entwicklung kann angenommen werden, dass sich die Ausbreitung noch verstärken wird. Der Zugriff ist in der Schweiz sehr schnell, relativ kostengünstig und bietet eine enorme Fülle an Inhalten in unterschiedlichsten Formaten und auf verschiedenen Geräten: Computer, Tablets, Handys bis zu Smartwatches machen den Zugang zu zahlreichen Aktivitäten jederzeit und beinahe überall möglich.

Die meisten Menschen nutzen das Internet und den Bildschirm ohne wesentliche negative Auswirkungen. Bei der problematischen Internetnutzung, oft auch Onlinesucht, Internetsucht oder internetbezogene Störung genannt, handelt es sich um eine nicht-stoffgebundene Abhängigkeit. Trotz der wachsenden Bedeutung gibt es weder einen international anerkannten Begriff dafür, noch offizielle Diagnosekriterien. Laut den Expert:innen besteht mittlerweile aber ein Konsens darüber, dass die Anwendung und nicht das Medium selbst die Sucht auslöst.

Das problematische Verhalten besteht im übermässigen Onlinekonsum und im Kontrollverlust. Es sind vor allem die folgenden Bereiche, die zu einer problematischen Nutzung führen können: Geldspiele online, Gaming, Online-Shopping, Kommunikationsplattformen (z. B. soziale Netzwerke, virtuelle Beziehungen) und Websites mit sexuellem und pornografischem Inhalt. Seit 2022 umfasst die ICD-11 die Onlinespielsucht als eigene Störung.

Wirkung einer problematischen Online- oder Bildschirmnutzung

Untersuchungen zeigen, dass die übermässige und problematische Nutzung des Internets (bspw. Gaming und Online-Shopping), vergleichbar dem Konsum psychoaktiver Substanzen, das Belohnungssystem im Gehirn verändern kann. Neurobiologische Studien haben bei Personen mit einer problematischen Internetnutzung Veränderungen in der Struktur und beim Funktionieren bestimmter Gehirnregionen nachgewiesen.

Folgen einer problematischen Online- oder Bildschirmnutzung

Problematische Nutzung (internetbezogene Störung)

Der Kontrollverlust zählt zu den grössten Risiken in der digitalen Welt. Er ähnelt dem beim Substanzkonsum. Eine Person mit einer problematischen Nutzung kann ihren Internetgebrauch nicht mehr kontrollieren und wendet zunehmend mehr Zeit auf für das Internet, mit teilweise erheblichen Auswirkungen privat als auch beruflich. So werden beispielsweise gewisse Bereiche des Lebens stark vernachlässigt. Die Person mit einer problematischen Nutzung zieht sich von anderen Menschen zurück. Wenn sie nachts ständig am Bildschirm ist, kann sich der Tag-Nacht-Rhythmus verändern. Die Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen, kann auch eine Strategie sein, um unangenehme Gefühle oder Stress zu vermeiden. Hinweise auf eine problematische Nutzung kann auch die Nutzung infolge Traurigkeit oder Deprimiertheit (Verdrängungsmotive) sein. Ausserdem geht eine problematische Nutzung manchmal mit dem Konsum von anderen psychoaktiven Substanzen (z. B. Alkohol, Tabak) einher.

Personen mit einer problematischen Online- oder Bildschirmnutzung haben ein unüberwindbares Verlangen nach der Nutzung, die Nichtnutzung führt zu Nervosität (Entzugserscheinungen). Trotz negativer Folgen wird das Internet weiterverwendet. Zu den Tätigkeiten, die als besonders risikoreich angesehen werden, weil sie das Belohnungszentrum im Gehirn ansprechen, zählt das Geldspiel, das Gamen, die Kommunikationsplattformen, das Online-Shopping und die Online-Pornografie.

Gamen

Die Onlinespielsucht ist seit Januar 2022 als Krankheit im Diagnosekatalog der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem ICD-11, vertreten (Gaming Disorder). Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM‐5) führt die Diagnose «Internet Gaming Disorder» auf, welche sich auf die problematische Nutzung von Computerspielen (sowohl online als auch offline) bezieht. Dabei kommt es zu einem exzessiven Spielverhalten, weil eine zwanghafte Nutzung von elektronischen Spielen wie Online-Videospielen oder Videospielen vorliegt. Die betroffene Person kann dabei ihr Konsumverhalten nicht mehr kontrollieren, das Spiel hat Vorrang vor anderen Aktivitäten und Lebensinhalten – dies kann so weit führen, dass das soziale und berufliche Leben komplett vernachlässigt wird. Mitunter kann auch die körperliche Gesundheit geschädigt werden. Es kann beispielsweise zu Haltungsschäden, zu Bewegungsmangel, zu Problemen wegen eines gestörten Essverhaltens, zu Kopfschmerzen oder zu Sehproblemen kommen. Bei Betroffenen gerät häufig der Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinander, Übermüdung und Konzentrationsprobleme sind die Folge. Auch bergen einige Spiele das Risiko für unkontrollierte Geldausgaben (Mikrotransaktionen).

Online-Shopping

Neben den vielen Vorteilen der Digitalisierung bergen die attraktiv gestalteten Websites das Risiko, in einen Kaufrausch zu geraten. Der nächste Kauf ist nur ein Klick entfernt, und ständig sind neue Angebote und Kaufinspirationen präsent. Durch die Digitalisierung hat sich der Kaufvorgang zudem erheblich erleichtert: Die Bezahlung kann rasch und ohne grossen Aufwand via Debit-/Kreditkarte oder andere gängige Zahlungsmittel ausgeführt werden.

Betroffene verspüren den unwiderstehlichen Drang, immer mehr Dinge zu kaufen. Die Gedanken drehen sich ständig darum, und der Vorsatz, den Konsum zu verringern, kann nicht umgesetzt werden. Nach dem ausgeprägten Belohnungsgefühl beim Kauf, oft verbunden mit Erleichterung und Euphorie während dem Kaufvorgang, stellen sich nach dem Erwerb Scham- und Schuldgefühle ein. Denn häufig geht ein exzessives Kaufverhalten mit einer finanziellen Verschuldung einher, was oft mit Problemen und Konflikten mit dem Umfeld und der Familie einhergeht. Die dadurch hervorgerufene negative Gefühlslage begünstigt häufig weitere impulsive Kaufhandlungen. Langfristig kann sich dadurch die negative Verstimmung verstärken, bis hin zur Verzweiflung.

Kommunikationsplattformen (z. B. soziale Netzwerke, virtuelle Beziehungen)

«Chatten», «liken», «sharen» und «posten» gehören heute zum Alltag. Eine übermässige Nutzung oder eine fehlende Abgrenzung ist mit einer Reihe von Risiken verbunden, wie Schlafmangel, Übermüdung, Realitätsflucht, Eifersucht aufgrund der «Posts» von anderen, Verstärkung von Verpassungsängsten (fear of missing out, FOMO). Auch ein hoher sozialer Druck und ständiger Stress zu antworten oder einen «Post» zu machen, können mit der Nutzung von Kommunikationsplattformen einhergehen.

Ein weiteres Risikopotenzial birgt die Tatsache, dass sofort eine Öffentlichkeit geschaffen wird und dass einmal veröffentlichte Inhalte nicht immer zurückgenommen werden können. Dies hat zur Folge, dass Belästigungen, Bedrängungen, Verleumdungen oder Blossstellung von anderen Menschen über digitale Medien (Cybermobbing) sehr schnell eine breite Öffentlichkeit erreichen können, was sehr belastend für die Betroffenen sein kann. Ebenso gravierende Folgen kann die Verbreitung erotischer Bilder via Handy oder Internet haben. Diese können bei einem Streit oder einer Trennung rasch auf öffentliche Plattformen gelangen (Sexting) und können auch Jahre später noch dort zu finden sein. Die Verbreitung erotischer Bilder oder Videos kann auch zu Erpressung führen (Sextortion), was bei einer Veröffentlichung solcher Inhalte unbedingt bedacht werden sollte.

Online-Pornografie

Durch die exzessive Nutzung von Online-Pornografie können vulnerable Menschen vor realen – sexuellen und nicht-sexuellen – Beziehungen flüchten. Die Folgen können Isolation und Vereinsamung sein. Wenn sehr viel Zeit auf solchen Websites verbracht wird, kann es auf Kosten von anderen sozialen Aktivitäten gehen. Ebenfalls kann die Paarbeziehung stark belastet werden, da es eine Diskrepanz zwischen realer Sexualität und den Vorstellungen aus der virtuellen Sex-Welt gibt. Ein grosses Risiko birgt auch der Impuls, pornografische Inhalte immer länger und überall zu konsumieren (z. B. am Arbeitsplatz). Der Umgang mit diesem Impuls kann sehr belastend für die Betroffenen sein. Bei Jugendlichen kann der regelmässige Konsum von Internetpornografie ausserdem negative Auswirkungen auf die sexuelle Realitätskonzeption haben. Bei den Jungs äussert sich dies vor allem in Form eines sexuellen Leistungsdrucks, bei den Mädchen steigt der Druck, einen perfekten Körper zu haben.

Hilfe, Beratung und Therapie bei Fragen rund um die Online- oder Bildschirmnutzung

Für Betroffene, Angehörige und andere an der Suchtthematik Interessierte gibt es verschiedene Informations- und Beratungsmöglichkeiten in allen Regionen der Schweiz sowie Onlineangebote. Bei Suchtberatungsstellen können Termine vereinbart werden. Viele Angebote sind kostenlos, und die Berater:innen unterliegen der Schweigepflicht.

Hilfe vor Ort

In der Datenbank Suchtindex.ch von Infodrog sind Beratungsstellen, Therapieeinrichtungen und Selbsthilfeorganisationen zu finden.

Onlineberatung

Kostenlose und anonyme Onlineberatung zu Suchtfragen für Betroffene, Angehörige und Nahestehende, für Fachpersonen und Interessierte.

Prävention im Bereich Online und Bildschirmnutzung

Weil das Internet aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist und — in der Freizeit als auch für den Beruf und die persönliche Weiterentwicklung — viel Positives bietet, ist das Präventionsziel ein kontrollierter Gebrauch.

Kinder und Jugendliche sind für die Prävention eine besonders wichtige Zielgruppe. Die Entwicklung der Medienkompetenz von Heranwachsenden ist eine wichtige Aufgabe der Eltern, der Schule und anderer Institutionen (z. B. Haus:ärtzinnen). Wichtig ist, dass erwachsene Bezugspersonen sie beim angemessenen Gebrauch unterstützen und strukturieren (bspw. mit einem vereinbarten Zeitbudget pro Woche). Ein entscheidendes Element in der Prävention problematischer Internetnutzung ist die Früherkennung, was ein «aufmerksames Begleiten» durch erwachsene Bezugspersonen bedingt.

Auch gilt es bei der Prävention und der Früherkennung und -intervention zu beachten, dass es grosse Unterschiede zwischen den Generationen gibt. Die Jüngeren («digital natives») werden mit neuen Technologien gross, während ältere Generationen sich die Nutzung der neuen Technologien im Verlauf ihres Lebens aneignen mussten («digital immigrants»).

Feel-ok.ch

Ein informatives Internetportal für Jugendliche, Lehrpersonen und Multiplikator:innen.

Publikationen zu Digitale Welt

Sucht Schweiz stellt verschiedene Materialien und Publikationen im Bereich Digitale Welt zum Download zur Verfügung.

Auf der Website von Migesplus.ch werden Broschüren, Ratgeber, Filme und Bildungsunterlagen in 56 Sprachen zur Verfügung gestellt.

Schadensminderung im Bereich Online- und Bildschirmnutzung

Die Schadensminderung hat zum Ziel, die negativen Folgen der problematischen Online- oder Bildschirmnutzung für die Betroffenen und die Gesellschaft zu minimieren. Für Betroffene wird eine «normale» Online- und Bildschirmnutzung angestrebt, sodass die teilweise erheblichen Beeinträchtigungen der sozialen Beziehungen sowie der schulischen oder beruflichen Leistungen reduziert werden können.

Hilfe vor Ort

Angebote der Schadensminderung bei Problemen mit der Bildschirmnutzung/online.

Regulierung und Gesetzesvollzug im Bereich Online und Bildschirmnutzung

Verschiedene Handlungen im Internet sind gemäss Art. 135 und Art. 197 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafrechtlich relevant, beispielsweise wer Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, gegen Men­schen oder Tiere, eindringlich darstellt und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzt (Art. 135). Oder wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt oder überlässt. Ebenso wer eine minderjährige Person anwirbt, damit diese an einer pornografischen Vorführung mitwirkt (Art. 197).

Auch das Cybermobbing und Aufrufe im Internet zur Gewalt sind strafbar. Diese sind aber nicht direkter Gegenstand eines Artikels. Die folgenden vier Artikel (StGB) schliessen auch Äusserungen im Internet und in den sozialen Netzwerken mit ein: die direkte Beleidigung (Art. 177), die Rufschädigung (Art. 173), die Verleumdung (Art. 174) oder die Drohung (Art. 180). Sogar entsprechende Likes oder Weiterverbreitungen können bestraft werden.

Weitere Gesetze decken spezifische Bereiche des Internets ab, beispielsweise der Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte (Bundesgesetz über den Datenschutz, DSG), Regelung von Download und Verbreitung von Inhalten, Geldspiele im Internet (Geldspielgesetz) sowie der Schutz der Persönlichkeit bei der Publikation von Fotos (Zivilgesetzbuch).

Zahlen im Zusammenhang mit der Online- oder Bildschirmnutzung

Zahlen zur Situation in der Schweiz, zu den Folgen und dem Markt finden sich auf folgenden Seiten.

Zahlen und Fakten Digitale Welt

Monitoring-System Sucht und nichtübertragbare Krankheiten (MonAM)

Website des Bundes mit Kennzahlen zu Sucht und nicht-übertragbare Krankheiten

Weiterführende Informationen zur Online- oder Bildschirmnutzung für Fachpersonen

Informationsplattform für Prävention im Praxisalltag

PEPra ist ein Projekt der FMH und weiterer Trägerorganisationen zur Förderung der Prävention und Früherkennung von nicht übertragbaren Krankheiten, Sucht und psychischer Gesundheit in der ambulanten medizinischen Grundversorgung.

Publikationen im Suchtbereich

Sucht Schweiz stellt verschiedene Materialien und Publikationen zum Download zur Verfügung.

News zum Thema Online | Bildschirm

Europäische Kommission: Verfahren gegen TikTok

Die Europäische Kommission hat ein Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok im Zusammenhang mit dem Jugendschutz, der Transparenz der Werbung, dem Datenzugang für Forscher:innen sowie dem Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugende Gestaltung und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstossen hat.

Parasoziale Beziehungen – was ist das?

Expertin erklärt das Phänomen einer einseitigen digitalen Freundschaft. In der neuesten «sichtbar»-Folge von Blick erzählt Profi-Gamerin Andi. A von ihren Erfahrungen auf dem Streaming-Dienst Twitch. Dabei hat sie auch digitale Freundschaften aufgebaut. Das Phänomen der sogenannten parasozialen Beziehungen ist nicht neu, bringt aber Fragen auf.

Eltern, Schulen und Behörden klagen gegen Soziale Medien

Die Plattformen wie Instagram, Snap und Co. machten Jugendliche abhängig für mehr Profit, so der Vorwurf von mehreren Klagen in den USA. Eindrücklich erzählen Eltern und Behörden von ihren Erfahrungen mit sozialen Medien und ihren Beweggründen für die Klagen. Ein Hintergrundbericht auf SRF.

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